FC St. Pauli - Profifußball aus dem und im Kiez.
Vom Kiezclub zum Kultclub. Das ist der 1. FC St. Pauli, der auf eine bewegende Geschichte mit Aufstiegen, Abstiegen, Aufstiegen und Abstiegen zurück blickt. Der Fußball-Club St. Pauli v. 1910 e.V., wie der offizielle Name des Vereins lautet, besteht allerdings nicht erst seit 1910. Die Fußballgeschichte des Vereins begann bereits 1907, in dem Jahr wurde zum ersten Mal ein regelmäßiger Fußballbetrieb aufgenommen. Da die Hamburger jedoch von jeher sportbegeistert waren, geht die weitere Geschichte auf das Jahr 1862 zurück. In diesem Jahr wurde der Ur-Verein, der Hamburg - St. Pauli Turnverein, gegründet und ist noch bis heute aktiv.
Die ersten Jahre des Vereins können fast als relativ unbedeutend erklärt werden. Es reihten sich Freundschaftsspiele innerhalb Hamburgs aneinander, dann trat der FC in die norddeutsche Fußballliga ein, konnte hier aber mit vielen Auf- und Abstiegen in den ersten Jahren auch keinen besonders glanzvollen Blumentopf gewinnen.
Der Aufstieg und die Entwicklung des Vereins setzten erst nach dem zweiten Weltkrieg richtig ein. Vom Gewinner der Hamburger Stadtliga 1947 zog der FC in den Jahren 1948 bis 1951 jedes Mal ins Finale der deutschen Fußballmeisterschaften ein. Treibende Kraft dieses Erfolgs war der gebürtige Hamburger Karl Miller, der sein Fußballspiel in Dresden perfektionierte und in der Nachkriegszeit in seine Heimatstadt Hamburg zurückkehrte. Mit Dresdener Profis im Gepäck baute er den FC St. Pauli wieder auf und vermittelte ihnen eine magische Kraft, die auf seinen Vater zurückgeht. Doch sein Vater war kein Druide, sondern Fleischer. Karl Miller senior versorgte die gesamte, im Nachhinein genannte, Wundermannschaft mit der benötigten Nahrung und Energie aus seiner Wurstküche in Wexstraße 39 im Hamburger Neustadt-Viertel. Die erfolgreichen Jahre gaben nicht nur den Spielern, sondern auch einem Mythos Nahrung. Der Schlachtruf des Schlachters Karl Miller senior "Radau, Radau, Radau" erklingt heute noch im Stadion.
Im Laufe der Jahre spielte Pauli Fußball. Mal besser, mal schlechter. In oberer Klasse, in unterer Klasse. Mit mehr Erfolg, mit weniger Erfolg. Großen Erfolg hatten die Spieler vom FC am 6. Februar 2002. Zu dieser Zeit war der Verein Tabellenletzter und musste im heimischen Stadion gegen den damals Tabellenersten, den FC Bayern München, ran. Zu aller Überraschung gewannen die Hamburger mit 2:1 gegen die Bayern, die kurz vorher erst den Weltpokal gewonnen hatten. Nico Patschinski und Thomas Meggle schossen die beiden Tore für den FC St. Pauli. Erst in der 87. Minute konnte der FCB ein einziges Tor erzielen. Von diesem Spiel aus geht die Bezeichnung "Weltpokalsiegerbesieger", die auf unzähligen T-Shirts prangte.
Obwohl Pauli die damals beste Fußballmannschaft in der deutschen Liga mit einem 2:1 vom Platz gefegt hat, stand es in der Saison 2002 / 2003 schlecht um die Elf. Geldnot und der drohende Abstieg aus der Liga sorgten für erhebliche Probleme. Doch der FC hat eine herausragende und für den Verein fast alles tuende Fanbase, die Großes für den Verein getan haben. Mit Spendenaktionen sammelten sie in weniger als drei Monaten soviel Geld, um die dringend benötigten Lizenzgelder für den DFB zusammen zu bekommen. Es wurden Aktionen mit der Biermarke Astra auf die Beine gestellt, zahlreiche Bargeldspenden gesammelt und auch ein Benefizspiel des Weltpokalsiegerbesiegers gegen den Weltpokalsieger veranstaltet.
Die Pauli Fans sind speziell und teilweise auch politisch motiviert, doch sie halten in guten und in schlechten Zeiten zu ihrem Verein. Die zum Teil linksgerichteten Fans setzen sich jedoch nicht nur gegen die kapitalistischen Pläne zum Bau eines neuen Stadions, sondern auch für ihre eigene Kultur ein. Der FC St. Pauli war der erste Verein in der deutschen Bundesliga, der Regeln gegen sexistische und rassistische Äußerungen in die Stadionordnung einfließen ließ. Nun sind diese Regeln in fast allen Ordnungen der Stadien anderer Vereine integriert. Die Fanszene symbolisiert genau das, was der Profifussball in Deutschland nicht mehr trägt. Man lässt sich nicht kommerzialisieren und aufblasen, sondern spielt einfach nur ehrlichen Fußball und hält die Nähe zu seinen Fans. Diese glühen in einer der vielen Bars der Reeperbahn vor, verbringen den Nachmittag im Stadion und ziehen sich wieder in ihren Kiez zurück. Das Millerntorstadion ist das Zuhause des FC St. Pauli. Hier werden die Heimspiele mit ihrer Familie von bis zu 30.000 Fans ausgetragen. Der Name des Stadions geht auf das benachbarte Hamburger Stadttor, das Millerntor, zurück. Es ist eines der wenigen Stadien dieser Dimension im Profifußball das sich in der direkten Innenstadt befindet. Da sich hier die dem Verein sehr verbundene Fanbase trifft, hat sich der Verein schnell darauf geeinigt, dass zum Beispiel musikalische Einspielungen oder Werbung ca. 10 Minuten vor Spielbeginn abgeschlossen sein müssen. So wird den Fans ermöglicht, sich in Ruhe mit ihren Fangesängen zu beschäftigen. Als erstes Stadion auf der ganzen Welt eröffnete hier 2010 eine Kindertagesstätte für bis zu 100 Kinder.
Treffpunkt der Fangszene ist die Kultkneipe Jolly Roger in der Budapester Straße. Hier lebt der Hamburger Fankult um deren Kiezclub. Jolly Roger ist eigentlich die Bezeichnung der Piratenflagge. Der Totenkopf mit den beiden gekreuzten Knochen. Diese ist auch Symbol und Logo des traditionellen Hamburger Fußballvereins FC St. Pauli.